Psychosomatik und Sucht – was trennt, was vereint?

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Rezension des Fachtags vom 25.10.2018

Unter dem Titel „Psychosomatik und Sucht – was trennt, was vereint?“  luden die Kraichtal-Kliniken zum schon traditionellen Fachtag Mitarbeitende von Beratungsstellen, PsychotherapeutInnen, Ärztinnen und Ärzte dazu ein, sich vertiefend und aus unterschiedlicher Perspektive mit Internetnutzungsstörungen zu beschäftigen. Etwa 30 Interessierte aus ganz Baden-Württemberg fanden sich zum interdisziplinären Austausch ein.

Mit Prof. Dr. Matthias Brand (Universität Duisburg-Essen) berichtete ein ausgewiesener Experte über Entstehungsmodelle  von Verhaltenssüchten. Er unterstrich in seinem Vortrag, wie komplex und verwoben persönliche Eigenschaften Betroffener,  Affektregulationsstörungen, kognitive  Verzerrungen  und Exekutivfunktionen in Wechselwirkung stehen, bevor eine Verhaltenssucht wie die Rollenspiel-Sucht (Internet Gaming Disorder) voll ausgeprägt vorliegt. Dabei betonte Prof. Brand, wie tiefgreifend die Folgen und der Leidensdruck  der Patientinnen und Patienten ist, wenn die Kriterien  einer behandlungsbedürftigen Störung  erfüllt sind. Diese Kriterien werden aller Voraussicht nach in der neuen Klassifikation ICD-11 verbindlich, die derzeit durch die WHO verabschiedet wird.

Fr. Dr. Haselmayr-Skusa (Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) stellte das Phänomen aus Sicht der Kostenträger dar. Sie beklagte, wie getrennt psychische Beschwerden und Suchterkrankungen versorgt werden und begrüßte spezialisierte Behandlungsmöglichkeiten.

Dr. Arne Zastrow, ärztlicher Leiter der Kraichtal-Kliniken, fasste  klinische Aspekte der Internetabhängigkeit und Behandlungsmöglichkeiten zusammen. Er verdeutlichte anhand eines Fallbeispiels, wie wichtig es ist, herauszufinden, ob das übertrieben einseitige Internetnutzungsverhalten selbst den Kern des Problems oder den verzweifelten Lösungsversuch eines anderen Konflikts darstellt. Ein besonderer Therapie-Schwerpunkt liegt im Kompetenzzentrum für Psychosomatik und Verhaltenssüchte  auf der Beachtung von psychischen Problemen, die oft eine Internetabhängigkeit begleiten. Etwa jede(r) dritte Betroffene leidet unter Depressionen oder Angststörungen.

In einem Workshop am Nachmittag bestand Gelegenheit, genauer zu erarbeiten, wo gesellschaftlich akzeptiertes und selbstfürsorgliches  Nutzungsverhalten neuer Medien endet und die Sucht beginnt. IN Kleingruppen befassten sich die Teilnehmenden damit, welche Fragen beim Erstkontatk mit einem Klienten gestellt werden sollte, wie mit Unentschiedenheit bzgl. weiterer Behandlung umzugehen ist, zu welchen Einschränkungen im Alltag die Internetabhängigkeit bei Betroffenen führt.

Einigkeit bestand darin, dass das Ziel der Therapie  nicht in einer kompletten Internet-Abstinenz bestehen kann, sondern ein selbstfürsorglicher Online-Zugang anzustreben ist. Dies ist nicht ohne Einbezug des persönlichen Umfelds, von Freunden und Familie zu erreichen. Selbsthilfegruppen leisten einen wichtigen Beitrag, Online-Beratungsangebote sind zusätzlich hilfreich und werden gern genutzt.